Der niederländische Designer und Künstler Gijs Schalkx hat ein altes Auto umgestaltet, um es mit Treibstoff aus Plastikabfällen fahren zu lassen. Die „De-Raffinerie“ wandelt Plastikabfälle in Treibstoff um und ist auf dem Dach des Autos installiert, was das Fahrzeug unabhängig von der Infrastruktur für fossile Brennstoffe macht. Es feiert die Kraft des Selbermachens und die individuelle Handlungsfähigkeit, die er mit sich bringt. Plastikmüll gibt es mehr als genug auf der Welt, also wo ist der Haken bei diesem Kreislaufauto?
Gijs Schalkx, der sich für DIY als Form verantwortungsbewusster Gestaltung und Lebensweise interessiert, wollte ein Auto mit einer ebenso originellen Energiequelle bauen und wählte Plastik, weil es in seinem eigenen Haushalt als Müll zu finden war – ein quasi idealer und fast unendlicher Rohstoff.
So macht die De-Raffinerie DIY-Öl aus Plastikmüll
Schalkx beschaffte sich ein altes Auto von einem Schrottplatz in Deutschland, machte es verkehrstauglich und montierte seine „De-Raffinerie“, seine selbst entwickelte DIY-Plastik-zu-Öl-Raffinerie, auf dem Dach des Autos.
Bild (c) Gijs Schalkx
Die De-Raffinerie funktioniert so: Plastikabfall wird in einen geschlossenen, sauerstofffreien Kessel erhitzt. Dabei entstehen Gase, die wieder kondensieren und zu Öl werden. Das Öl tropft durch einen Schlauch in einen Tank im hinteren Teil des Autos und mit diesem Öl wiederum fährt das Auto.
Schalkx verwendete ausschließlich den Plastikmüll aus seinem Haushalt, um das Auto anzutreiben. Der Verbrauch des Autos: ein Kilogramm Plastik für jede sieben Kilometer. Die De-Raffinerie benötigt etwa eine Stunde, um 12 Liter Öl zu produzieren.
Der Designer weist selbst auf die große Ineffizienz seines Autos hin, versteht es aber auch als Teil des Konzepts, offen zu legen, wie ineffizient Autos generell als Transportmittel sind. Das Plastikauto soll ehrlich die Verschwendung zeigen, anstatt sie zu vertuschen.
Sloot Motor: ein Motorrad auf selbst geerntetes Gas
Das Projekt begann als Fortsetzung des Sloot Motor-Motorrads, das Schalkx während seines Produktdesignstudiums an der ArtEZ University of the Arts herstellte und das mit Methan betrieben wird, das aus lokalen Gewässern gewonnen wird („Sloot“ bedeutet: ein kleiner Kanal).
Den Sloot Motor hatte er gebaut, weil man damit auch selbst die Konsequenzen der Nutzung dieser Technologie tragen kann. In einem seiner Videos erklärt er: „Was ich versuche, ist, wieder Teil dieser Infrastruktur zu werden, sehr kleinschalig, und dadurch bekommt man auf einmal mit, wie viel Mühe einfache Dinge wie das Fahren eines Motorrads oder Autos tatsächlich kosten.
Um 20 Kilometer fahren zu können, muss er acht Stunden im Wasser herumbuddeln, um genug Sprit zu sammeln. Im Gegensatz zu dem Glas mit Benzin vorne am Motorrad, das genauso viel Energie liefert wie der Gastank, aber in einer halben Sekunde an der Tankstelle befüllt wird.
Ein DIY-Auto wie aus einem dystopischen Steampunk-Film
Tatsächlich soll er laut Dezeen das Auto absichtlich so gebaut haben, dass es „wirklich unansehnlich aussieht“. Die zusammengewürfelt aussehende De-Raffinerie, die plakativ auf dem Dach des Autos befestigt ist, und die hölzernen Stoßstangen geben eher das Bild eines Autos aus einem dystopischen Steampunk-Film ab als das eines nachhaltigen Autos der Zukunft.
Wenn es fährt, kommt schwarzer Rauch aus dem Auspuff, obwohl das Öl auf dem Weg zum Motor drei Filter passiert. Während klares, ungefärbtes Plastik ein schönes, klares Öl produzieren lässt, soll das Öl aus dunkelfarbigem Plastik laut Schalkx sehr schmutzig aussehen. Gerade wegen dieser optisch sichtbaren Verschmutzung hätten sich so einige Menschen aufgeregt.
Bild (c) Gijs Schalkx
Kritik an nachhaltigem Design
Schalkx sieht das, was aktuell als „nachhaltiges Design“ durchgeht, kritisch, weil es Unternehmen ermöglicht, mehr Produkte zu verkaufen. Es gibt bereits einen großen Überschuss an Dingen. Daher konzentriert sich Schalkx lieber darauf, das Vorhandene zu verwerten und Wissen über die Funktionsweise von Dingen aufzubauen, um die Möglichkeiten von Wiederverwendung und Reparatur zu erhöhen.
Etwa ein halbes Jahr fuhr Schalkx mit seinem Plastikauto herum und beschränkte sich dabei darauf, nur seinen eigenen Haushaltsabfall für das Projekt zu verwenden, und fuhr nur so weit, wie es ihm erlaubte – etwa 100 Kilometer pro Monat. Im Vergleich zu jemandem, der ein neues Auto kauft und fährt, ist sein ökologischer Fußabdruck also relativ gering.
Das Plastik-Recycling-Auto im Geiste des Anti-Rauch-Magiers
Auf der Projektwebsite des Slootmotors widmet Schalkx einen ganzen Artikel dem „Anti-Rauch-Magier“ Robert Jasper Grootveld, der in den 1960er Jahren in den Niederlanden mit öffentlichen Happenings gegen das Rauchen und damit die aufkommende Konsumsucht antrat, und als einer der Gründer der kreativ-anarchistischen Provo-Bewegung gilt:
„Nicht, indem er den Leuten sagte, sie sollten nicht rauchen, sondern indem er zugab, dass auch er süchtig war, diese Süchte lächerlich machte, sich selbst widersprach und erklärte, dass er nur alle überschüssigen Zigaretten rauchte, damit andere es nicht tun müssten. Durch solche Handlungen inspirierte er die Menschen, dass die Gesellschaft nicht so sein müsse und dass sie tatsächlich in der Lage seien, Veränderungen zu bewirken.“
Robert Jasper Grootveld fährt mit einem Upcycling-Müll-Floß durch Amsterdam – Bild: Nationaal Archief CC0
Genau in diesem Geist sollten wir vermutlich die von Gijs Schalkx entwickelten Fahrzeuge auch verstehen: nicht als Prototyp für ein nachhaltiges Fahrzeug der Zukunft, sondern als verspieltes, mehrdeutiges Statement zu unserer Konsumgesellschaft und der Leichtigkeit, mit der wir die schmutzigen Seiten unserer Mobilität vertuschen.
Übrigens haben die Provos die ersten Prototypen für Fahrrad-Sharing entwickelt, eine Idee, die erst viel später weltweit in Städten erfolgreich umgesetzt wurde. Wer weiß, vielleicht könnte auf ähnliche Weise auch die Idee des DIY-Plastikautos der Anstoß zu einer neuen DIY-Mobilitätsbewegung werden, die uns unabhängiger von der Konsumgesellschaft macht und das, was wir als Nachhaltigkeit verstehen, viel mehr das ist, was wir selber machen können.