Vielen Lesern von Lilli Green wird Michael Braungart und sein Cradle To Cradle® Konzept ein Begriff sein. Als eine großartige Einführung in das Thema möchte ich heute eine gut gemachte Dokumentation vorstellen, die bereits im Februar im WDR lief. Hier wird nicht nur Braungarts Konzept ausführlich und sehr anschaulich erklärt. Auch erfahren wir, wie es um die aktuelle Implementierung von Cradle to Cradle® steht.
Wir sind nicht zu viele, wir sind nur zu blöd! (braungart)
Wir sehen zum Beispiel welche Unternehmen sich bisher haben überzeugen lassen Schadstoffe aus dem Produktionsprozess zu verbannen und wer bereits funktionierende Rohstoffkreisläufe umsetzt. So empfehle ich diese Doku auch denen, die wissen wollen wie Industrie und Politik seit der Veröffentlichung auf die Theorie reagiert. – Auch wenn es ernüchternd zu sehen ist, wie Deutschland im Vergleich zu den Niederlanden wegkommt. Viel Vergnügen!
Wer die Doku lieber offline sehen möchte, der findet sie beim WDR Podcast Service.
Schöner Film! Allerdings ist die Idee ja nicht neu und auch schon länger als Öko-Effektivität bekannt. Braungart hat dem Ganzen nur einen besonders griffigen Namen gegeben, der sich gut vermarkten lässt.
Die Aussage, dass eine Beschränkung des Konsums durch Cardle to Cradle unnötig sei, ist zudem schlicht falsch. Auf einem begrenzten Planeten ist per Definition auch die Menge der in Kreisläufen nutzbaren Ressourcen begrenzt.
Darüber hinaus vernachlässigt Braungart bei seinen Vorzeigeprojekten oft die Rohstoffgewinnung und fokussiert dafür auf die Nachnutzungsphase. Ein verlustfrei recyclingfähiger Erdöl-Kunststoff stellt bei der Erdölförderung noch immer eine starke Umweltbeeinträchtigung dar und sollte daher nicht in größeren Mengen als unbedingt nötig hergestellt werden.
Bei Bio-Kunststoffen habt ihr das hier ja auch schon diskutiert. Produktive Böden sind auch eine begrenzte Ressource und wenn wir einfach alle Kunststoffe durch Bio-Kunststoffe ersetzen entstehen erhebliche Flächennutzungskonkurrenzen mit der Nahrungsmittelproduktion. Ganz zu schweigen von einem Szenario, in dem auch die bislang vom Hochkonsum ausgeschlossenen Menschen derart viele Konsumgüter nutzen dürfen, wie es die Menschen in den Industrieländern tun.
Dass „Cradle to Cradle“ in Deutschland nicht unhinterfragt gehypt wird, finde ich sehr beruhigend. Durch die von Braungart gerne als miesepetrig und rückwertsgewand gescholtene Umweltbewegung ist hier einfach bei vielen Akteuren ein Wissen vorhanden, dass die blinden Flecken in Braungarts Darstellungen entlarvt und den Neuheitswert seines Konzepts relativiert.
Um es nochmal ganz klar zu sagen: Ich stimme Braungart 100 % zu, dass alle Produkte so designed werden sollten, dass sie nach der Nutzung in einen natürlichen oder technischen Kreislauf überführt werden können. Das Negieren der Endlichkeit von Ressourcen finde ich jedoch sehr gefährlich.
Wir achten bei der Auswahl der Kleidung für unseren Laden stets darauf, dass wenigstens schonmal Sortenreinheit, bzw. keine Vermischung von Erdölfasern mit Naturfasern gegeben ist. Kompostierbare Garne werden allerdings leider bislang kaum verwendet und die ökologische Abbaubarkeit von Farbstoffen ist auch ein Thema, mit sich die meist noch sehr jungen modernen öko-fairen Fashion-Brands hoffentlich in den nächsten Jahren verstärkt beschäftigen werden.