Architektur Bauen

WEtransFORM: Die Zukunft des Bauens beginnt jetzt

Was, wenn wir unsere gebaute Umwelt nicht länger als starres Gefüge aus Beton und Glas betrachten, sondern als lebendigen Organismus? Genau diese Perspektive eröffnet die Ausstellung „WEtransFORM. Zur Zukunft des Bauens“ in der Bundeskunsthalle Bonn. Bis Januar 2026 widmet sie sich der großen ökologischen Transformation und stellt die Frage, wie Architektur zu einer regenerativen Kraft werden kann.

Beitragsbild: WillemsenU, House Under the Ground, Eindhoven, NL 2023, Foto: Rob van Esch | Architectuurfotograaf

Architektur als Teil des ökologischen Systems

Unser „Raumschiff Erde“, so beschreibt es das Ausstellungsteam, ist ein geschlossenes System mit endlichen Ressourcen. Wie also können wir bauen, ohne das Gleichgewicht zu gefährden? Der Bausektor zählt zu den größten Verursachern von Emissionen und Abfall, aber er birgt auch enormes Potenzial für Kreisläufe, Biodiversität und gesellschaftliche Innovation.

In rund 80 Projekten aus ganz Europa zeigt die Ausstellung, wie vielfältig und kreativ Architekt:innen, Stadtplaner:innen und Designer:innen auf den Klimawandel reagieren. Die Themen reichen von Klimaresilienz und Suffizienz bis hin zu Revitalisierung, Kreislaufmanagement und partizipativen Prozessen.

Lebendige Baukultur statt Abrissmentalität

Was wir bauen, prägt unser Zusammenleben, und wie wir mit Bestehendem umgehen, entscheidet über unsere Zukunft. Statt Abriss und Neubau setzt die Ausstellung auf Revitalisierung und Transformation: alte Scheunen werden zu Ateliers, Hochhäuser zu neuen Stadtquartieren, Industriebrachen zu Lebensräumen.

Studio Bua, Hlöðuberg Artist Studio, ISL, 2020–2021 © Marino Thorlacius

Das Projekt von Studio Bua auf Island verwandelt eine alte Scheune in einen lichtdurchfluteten Kunstort, während 51N4E das ehemalige World Trade Center in Brüssel zu einem nachhaltigen Mixed-Use-Komplex umgestaltet. Solche Beispiele zeigen, dass Architektur Wandel ermöglichen kann, ohne Ressourcen zu verschwenden.

Materialien mit Seele

Holz, Lehm, Flachs, Algen: natürliche Baustoffe kehren in die Architektur zurück. Nicht als nostalgische Geste, sondern als Hightech-Materialien einer neuen Generation. Das Haus Glasner im Ahrtal schützt sich durch innovative Bauformen vor Hochwasser, das Rambla Climate House in Spanien trotzt der Dürre. Anna Heringer baut mit Stampflehm, Hermann Kaufmann mit Holz, und beide führen vor, dass Materialwahl immer auch eine Haltung ist. Die Frage nach dem Wesentlichen wird hier zur architektonischen Ethik.

Office for Political Innovation, Rambla Climate-House © Andrés Jaque / Office for Political Innovation + Miguel Mesa del Castillo, Foto: José Hevia
Proarh Architekten, Hiza Strohhaus, Kumrovec, HR 2011–2015 © Damir Fabijanić Julia Lohmann, Baltic Sea Lab, Foto: Norbert Miguletz, © Frankfurter Kunstverein, Courtesy Julia Lohmann StudioAvanto Architects, Löyly, Helsinki, FL, 2011–2016 © kuvio.com

Forschung und Vision

Neben gebauten Projekten zeigt WEtransFORM experimentelle Forschungsarbeiten, etwa das NEST UMAR des Karlsruher Instituts für Technologie oder den Hybrid Flachs Pavillon der Universität Stuttgart. Hier wird geforscht, wie sich zirkuläre Materialströme gestalten und neue Konstruktionsweisen durch Robotik oder 3D-Druck realisieren lassen.

Faszinierend auch die Installation Tree.ONE von ecoLogicStudio: ein synthetischer Baum aus Mikroalgen, der CO₂ absorbiert und in Biomaterial verwandelt, Sinnbild für eine symbiotische Zukunft von Natur und Technologie.

Ausstellungsansichten, WEtransFORM, Fotos: David Ertl, 2025 © Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland

Stadt als Ökosystem

Die Ausstellung endet nicht an den Wänden des Museums. Auf dem Museumsplatz wächst Vert, eine begrünte Holzbalkenkonstruktion des American Hardwood Export Council (AHEC), entworfen von Diez Office und OMC°C. Sie spendet Schatten, kühlt die Umgebung und fördert Artenvielfalt; ein Prototyp für urbane Mikroklimata der Zukunft.

Das Ausstellungsdesign von MVRDV wiederum greift das Prinzip der Wiederverwertung auf: Fast alle Materialien stammen aus dem eigenen Fundus der Bundeskunsthalle, ein Statement für Kreislaufdenken im musealen Raum.

Pluralität statt Patentlösung

WEtransFORM macht deutlich, dass Nachhaltigkeit im Bauen kein Rezept, sondern ein Prozess ist. Die Ausstellung zeigt keine perfekten Lösungen, sondern eine Vielfalt an Wegen, Fragen und Experimenten. Denn was in 30 Jahren als wirklich nachhaltig gelten wird, weiß heute niemand. Entscheidend ist, dass wir anfangen und lernen, in Kreisläufen zu denken.

Ausstellungsansichten, WEtransFORM, Foto: David Ertl, 2025 © Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland

Gemeinsam gestalten: Zukunft als Bauprozess

WEtransFORM macht deutlich, dass nachhaltiges Bauen weit mehr ist als technische Innovation. Es geht um ein neues Denken in Beziehungen zwischen Mensch, Natur und gebautem Raum. Die vorgestellten Projekte zeigen, wie sich Klimaresilienz stärken, Biodiversität fördern, Suffizienz üben und Kreisläufe schließen lässt, wenn Architektur als lebendiger Teil ökologischer Systeme verstanden wird.

Vom begrünten Stadtplatz bis zur Lehmwand, vom Urban Mining bis zur gemeinschaftlich gepflegten Nachbarschaft: überall entstehen Impulse, die die gebaute Umwelt in Bewegung bringen.

Architektur ist dabei nie nur Sache der Fachwelt. Jede:r, der wohnt, arbeitet oder Stadt erlebt, gestaltet mit. Wenn wir beginnen, Revitalisierung statt Abriss, Anpassung statt Verschwendung und Experiment statt Stillstand zu denken, kann Architektur zu einer regenerativen Kraft werden.

„WEtransFORM“ ist deshalb mehr als eine Ausstellung. Sie ist ein Manifest des Wandels, eine Einladung, aktiv mitzuwirken an einer Baukultur, die das Leben schützt, die Vielfalt feiert und die Zukunft im Hier und Jetzt neu formt.

Auch im Kleinen lässt sich dieses Denken weiterführen: Kreislaufdesign beginnt zu Hause, im bewussten Umgang mit Raum, Material und Dingen. Wer nach dem Prinzip „weniger ist mehr“ lebt, entdeckt im Reduzieren neue Freiheit. Tiny Houses, modulare Möbel, Upcycling Ideen und Zero Waste Produkte zeigen, wie sich Suffizienz und Ästhetik verbinden lassen. Im Lilli Green Shop finden Sie ausgewählte Designobjekte, die diese Haltung im Alltag lebendig machen: nachhaltig, langlebig und schön zugleich!

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