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Bauen mit Bambus – So geht es ökologisch!

Der Bambus hat Ökoheldenstatus: es ist die schnellst wachsende Pflanze der Welt und dadurch eine der nachhaltigsten Baumaterialien. Auch als Rohstoff für Design- und Haushaltsprodukte ist Bambus zunehmend populär. Doch nicht alle Methoden sind ökologisch sinnvoll, auf die richtige Ernte und Behandlung kommt es an! Um mehr über das Bauen mit Bambus zu erfahren, besuchte Lilli Green auf Bali die Bambus Fabrik PT Bamboo Pure, die ursprünglich für den Bau der Green School gegründet wurde, und jetzt zu einer der wichtigsten Produzenten für Architektur- und Designprojekte aus Bambus gewachsen ist.

Je älter, desto besser?

Es gibt um die 1500 Bambus-Spezies weltweit. Davon sind einige als Baumaterial besonders geeignet. Obwohl Bambus 1,5 Meter am Tag wachsen kann, braucht er 3 Jahre, um zum geeigneten Baumaterial zu reifen. Im Allgemeinen gilt: je älter der Bambus, desto besser und stärker ist er. Aber gleichzeitig wird nach einigen Jahren das Bambus-Holz weniger schön, und wenn es zu alt ist, gibt es auch schneller Risse. So ist zwischen 3 und 5 Jahren alter Bambus für den Bau am besten geeignet. Gebrochene Bambus-Pfähle werden für den Bau als Stütze benutzt. Die mehr dehnbaren Bambussorten werden dafür benutzt, um etwas zusammen zu flechten.

Nachhaltige Bambus-Ernte

Bambus wächst im Bündel aus älteren und neuen Pflanzen, es kommen immer neue Jungpflanzen in so ein Bündel dazu. Daraus werden dann die größeren Bambusstämme entnommen, so dass die kleineren Schoten weiter wachsen können und auch noch genug Raum neben anderen größeren Schoten bekommen. So wird nur Bambus geerntet, der auch wirklich „nachhaltig“ in seiner ursprünglichen Bedeutung ist; der Begriff Nachhaltigkeit stammt eben aus der Forstwirtschaft: Es darf nicht mehr gefällt werden, als jeweils nachwachsen kann.

Der Bambus für die Bambusfabrik kommt aus vielen verschiedenen lokalen Quellen: hunderte Kleinbauern liefern reifen Bambus aus ihrem eigenen Land am Flussrand. Das Aussuchen der richtigen Reife und Qualität ist dabei sehr wichtig, die Bauern werden im nachhaltigen Bambus-Ernten geschult und die Ernte wird von Mitarbeitern von PT Bamboo Pure beaufsichtigt.

Bambus statt Holz

Wird in Indonesien Holz benutzt, wird dafür oft ein Baum im Regenwald von Sumatra abgeholzt. Prinzipiell arbeitet die PT Bamboo Pure deswegen fast ausschließlich mit Bambus. Bei beauftragten Bauprojekten und Designproduktion darf nur maximal 20% Holz benutzt werden. PT Bamboo Pure und das daran liierte Designunternehmen Ibuku sind stolze Entwickler von vielen Bambusprojekten wie der Green School und der Green Village, worüber wir bereits ausführlich berichteten. Das „Spring House“ könnte mit seinen fünf Stockwerken das weltweit größte Haus aus Bambus sein, die „Schokoladenfabrik“ das weltweit größte Bambusgebäude. Die Häuser verbinden eine ökologische Arbeitsweise und ein spektakuläres Design – Bambus als Baumaterial ist also nicht nur aus ökologischer Sicht gut; es verschafft auch eine ganz eigene Ästhetik.

Dharma Springs – Design: Ibuku – Fotos: Rio Helmi

Ökologische Behandlung von Bambus

Bambus ist ein Gras und kein Holz, und hat entsprechend andere Eigenschaften, jedoch spricht man öfter von „Bambus-Holz“. Bambus enthält eine hohe Zuckerkonzentration, was Insekten wie Termiten und Käfer anzieht. Die Insekten saugen den Zucker aus dem Bambus heraus, und dies zerstört das ansonsten recht robuste Material. Unbehandeltes Bambus-Holz kann deshalb schon nach zwei Jahren hinüber sein.

Im traditionellen Indonesien wurde in den Häusern noch mit Feuer gekocht und der Rauch hat den Bambus gegen Insekten geschützt. Mittlerweile ist man vielerorts auf Gas umgestiegen und die Häuser sind größer geworden, so dass der Rauch nicht mehr ausreichen würde. Auch weiß man mittlerweile, dass der Rauch schädlich für die Gesundheit ist. Es braucht also andere Methoden um das Bambus zu schützen.

Borsäure: ökologisch oder toxisch?

Um den Schutz gegen Insektenangriffe und Brand zu gewährleisten, wird der Bambus bei BT Bambus Factory in eine Lösung mit Borsäure (H3BO3) getränkt und anschließend 7 Wochen getrocknet. Die Bor-Lösung wird in einem geschlossenen Kreislauf wiederverwendet, damit es nur einen minimalen Impact auf das Ökosystem hat.

PT Bamboo Pure bezeichnet die Säure als ungiftig. Obwohl Substanzen mit Borsäure auch in Europa für Behandlungen von Naturmaterialien Einsatz finden und Bor-Spuren überall in der Natur zu finden sind und sogar in geringe Mengen für Mensch und Tier lebenswichtig, sind sie nicht ganz unumstritten und werden laut EU-REACH-Verordnung ab 5,5% als reproduktionstoxisch eingestuft. Einige Umweltexperten raten hierzulande davon ab, mit Borsäure behandelte Materialien zu kompostieren, wobei andere, wie der Naturfarben-Hersteller Auro, die unterstellte Toxizität weit übertrieben finden. Im Vergleich zu anderen, für die Bambusbehandlung verwendeten Mitteln ist ein Borsäure-Präparat eines der ökologischsten Alternativen. Mehr Informationen und kostenlose Anleitungen zur ökologischen Bambusbehandlung und Bauen mit Bambus gibt die Environmental Bamboo Foundation.

Design: Ibuku – Foto: Rio Helmi
Green Village Bali – Design: Ibuku – Foto: Rio Helmi

Nachhaltig, aber nicht für immer

Ohne direkten Kontakt zu Wasser hält der behandelte Bambus sehr lange, locker 50 bis 70 Jahre. Um den Bambus vor Regen und direkten Sonnenstrahlen zu schützen, werden die Dächer wie riesige Regenschirme konstruiert, so dass die Häuser sicher gegen Regenwasser geschützt sind. Das Gras auf den Gras-Dächer hält aber nicht so lange und muss etwa alle sieben Jahre ausgetauscht werden. Der Bambus wird am besten alle 2-4 Jahre mit einer ökologischen Beschichtung behandelt. Im Endeffekt ist Bauen mit Bambus zwar ökologischer, aber im Vergleich zu Steinhäusern auch etwas aufwendiger in der Pflege.

1 Kilometer Bambus für 1 Haus

Um den Bambusgebäuden ausreichend Stabilität zu geben, wird für die Fundierung meist ein Stahlrohr und Zement benutzt. Ansonsten wird komplett auf Zement verzichtet, und die Gebäude selbst bestehen fast ausschließlich aus Bambus. Weil Bambus ein dehnbares Material ist, sind Gebäude aus Bambus bei einer vernünftigen Herstellung und Fundierung sturmbeständig und sogar erdbebenresistent. Das ist nicht unwichtig auf Bali, wo es jedes Jahr mindestens ein Erdbeben gibt. Für ein 300qm großes Gebäude im Green Village braucht es etwa 1200 Bambuspfosten, was eine Gesamtlänge von über 8000 Meter ergibt. Obendrauf werden noch mal 3000 Meter für die Innenraumgestaltung gebraucht.

Selber mit Bambus bauen?

Es gibt immer mehr Zuspruch für Bambus als Baumaterial, nicht nur auf Bali sondern auch in Deutschland. Wer selbst lernen will, was man mit Bambus großes bewirken kann, für den bietet die Green School zusammen mit Ibuku unter dem Name BambooU(niversity) auf Bali Bau- und Design-Kursen mit Bambus an.

Dieser Artikel ist Teil einer Serie von Lilli Green über nachhaltiges Design auf Bali. Wir berichten über: „Green School: die vielleicht Grünste Schule der Welt“, „Die fantastische Bambusarchitektur von Ibuku“, „Bauen mit Bambus, so geht es ökologisch!“.

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Foto credit: Ibuku / Rio Helmi

3 Kommentare

  1. Vielen herzlichen Dank für diesen tollen Beitrag. Ich bin vor kurzem in ein Land ausgewandert, in dem auch Bambus heimisch ist. Hier wird er als Plage betrachtet und die Landflächen werden aufgrund des Bambus und der invasiven Himalaya Brombeere regelmäßig umgegraben, was ich sehr schade finde, da das ja einen massiv negativen Effekt auf das Ökosystem bedeutet. Deshalb suche ich nach Lösungen und das Bauen mit Bambus und das Flechten mit den Brombeer-„Lianen“ könnte sich evtl lohnen..

    Danke für die Inspiration.

    Viele herzliche Grüße

    Janin Greer

  2. Ich wusste schon, dass man mit Bambus viel machen kann, aber die Bilder zeigen, dass noch mehr geht! Schon sehr eindrucksvoll, vor allem geht damit eine ganz andere Lebensweise einher!

    Grüße
    Petra Briesler

  3. Einfach der Hammer – Viele Bilder sind richtig unglaublich, fast schon fantastisch. Ich weiß nicht wie es anderen geht, aber ich finde das bringt ich immer zum Träumen ;) Ich stehe einfach total auf die Kombination Bambus/Natur und Wohnen. Das ist irgendwie ein Fakt, den viele heutzutage vernachlässigen – die eigene Wohnung muss auch irgendwie leben und Luft holen. Die meisten Wohnungen die ich so im Alltag sehe sind primär funktional eingerichtet, haben aber oft (neben der obligatorischen Orchidee) keine organischen Materialien wie hier Bambus oder bei uns zuhause ist es Laminat und viele Holzmöbel.

    Ganz aus Holz oder Bambus bauen wäre auch nichts für mich, aber die Elemente in Kombination einzusetzen, finde ich richtig gut. Toller Beitrag

    L.G. Matthias Traugott

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