Im Botanischen Garten Meise nahe Brüssel erhebt sich ein Holzpavillon wie eine Arche Noah für die Biodiversität: das Besucherzentrum „Green Ark“, entworfen von den belgischen Architekturbüros NU Architectuuratelier und Archipelago. Diese beeindruckende Holzarchitektur, die Teil einer umfassenden Renovierung des Gartens rund um das Schloss Bouchout ist, dient als neues Zentrum der Sammlung bedrohter Pflanzenarten aus aller Welt. Mit einer auf die Struktur von Pflanzenstängeln inspirierten Holzkonstruktion und einer nachhaltigen Mission stellt die Grüne Arche ein außergewöhnliches Beispiel für die Verbindung von Architektur und Natur dar.
Eine Oase der Vielfalt inmitten von Glas
Die Green Ark liegt eingebettet in einem Meer von Gewächshäusern, die Klima- und Vegetationszonen aus allen Teilen der Welt beherbergen. Diese Gewächshäuser schützen und kultivieren Pflanzen, die für ihre Erhaltung wärmere Bedingungen benötigen, während die Arche selbst als Knotenpunkt dient. Von hier aus können Besucher die Vielfalt der botanischen Sammlung auf eine Weise erleben, die sowohl lehrreich als auch inspirierend ist.
„Das Pavillon ist wie ein schwimmendes, bewohntes Volumen zwischen den Glaswänden der Gewächshäuser konzipiert“, erklärt NU Architectuuratelier. Es fungiert als Aussichtspunkt, von dem aus die Besucher die umliegenden Gewächshäuser und die dahinter liegende Natur bestaunen können.
Bilder: (c) Stijn Bollaert
Ein architektonisches Wunderwerk aus Holz und Schindeln
Das Zentrum des Pavillons bildet ein doppelstöckiger Raum unter einem gewölbten Dach, das als hyperbolisches Paraboloid konzipiert ist und aus einer freiliegenden Holzgitterschalenstruktur besteht. Die Konstruktion, inspiriert von der bahnbrechenden Architektur von Félix Candela in Mexiko (1951), kombiniert Leichtigkeit und Stärke. Die Konstruktion der Green Ark erinnert an die Struktur der Haut oder des Stängels einer Pflanze – zugleich stark und leicht – und zeigt, wie durch biomimetisches Design, inspiriert von natürlichen Formen, mit minimalem Materialeinsatz maximale Festigkeit und Stabilität erreicht werden kann.
Die äußere Fassade der grünen Arche ist mit Holzschindeln aus Kebony verkleidet, die aus Restmaterialien der Studios gefertigt wurden. Diese Schindeln bieten nicht nur eine ästhetisch ansprechende, natürliche Optik, sondern tragen auch zur Nachhaltigkeit des Projekts bei. „Die Schindeln ermöglichen es, eine dreidimensionale Oberfläche zu verkleiden, ohne an Festigkeit zu verlieren“, so NU Architectuuratelier. Das Dach selbst dient auch als Terrasse und bietet einen atemberaubenden Blick über die oberen Etagen der Gewächshäuser und die umliegenden Bäume.
Bilder: (c) Stijn Bollaert
Biodiversität als zentrales Anliegen der Green Ark
Neben ihrer architektonischen Bedeutung spielt die Green Ark auch eine wichtige Rolle im Kampf gegen den Verlust der Biodiversität. Inmitten der globalen Biodiversitätskrise, die durch den Verlust vieler Pflanzen-, Tier- und Insektenarten geprägt ist, fungiert die grüne Arche als „Arche Noah“ für Pflanzen. Der Botanische Garten Meise bewahrt hier Samen von seltenen und bedrohten Pflanzenarten aus Belgien, aber auch von gefährdeten Arten aus der ganzen Welt, wie z. B. von wilden Verwandten von Bohnen und Bananen.
„Wir verlieren viele Arten und damit auch viele Ökosystem-Dienstleistungen, die das Leben für uns Menschen lebenswert machen“, heißt es in der Dokumentation „ARK“ über das Projekt. Die Samenbank des Plantentuin Meise bewahrt nicht nur die eigene Sammlung lebender Pflanzen, sondern tauscht diese auch mit anderen botanischen Gärten und wissenschaftlichen Institutionen weltweit aus, um bedrohte Pflanzenarten zu erhalten und zu fördern.
Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft in der Architektur
Ein zentraler Aspekt des Projekts war die Kreislaufwirtschaft: Die Architekten wählten natürliche und langlebige Materialien und setzten auf den Einsatz von Reststoffen, was der grünen Arche ihr unverwechselbares Aussehen verleiht. Diese Herangehensweise unterstreicht das Bestreben, eine Architektur zu schaffen, die im Einklang mit ihrer Umwelt steht und gleichzeitig funktional und ästhetisch ansprechend ist.
Durch die enge Zusammenarbeit zwischen Architekten, Biologen, Ingenieuren und Botanikern entstand ein Raum, der sowohl als Bildungszentrum als auch als Symbol für den Schutz und die Erhaltung der Natur dient. Die Grüne Arche verbindet auf einzigartige Weise Funktionalität, Design und eine tiefere ökologische Botschaft.
Bild: (c) Stijn Bollaert
Symbol für Biodiversität im Herzen des Botanischen Gartens Meise
Das Design des Besucherzentrums Green Ark im Botanischen Garten Meise ist eine symbolische Aussage, die uns an unsere Verpflichtung gegenüber der Erde und zukünftigen Generationen erinnert. Es steht symbolisch für eine Bewegung hin zu einem nachhaltigen, biodiversitätsorientierten Design, das den Menschen näher zur Natur bringt und sie an die Bedeutung des Schutzes und der Erhaltung erinnert. In einer Welt, die mit dem Verlust ihrer natürlichen Vielfalt konfrontiert ist, dient die grüne Arche als inspirierendes Beispiel dafür, wie Architektur die Beziehung zwischen Mensch und Natur neu gestalten kann.
Mit ihrer Kombination aus moderner Architektur, nachhaltigen Materialien und einem starken Fokus auf Biodiversität setzt die grüne Arche ein kraftvolles Zeichen für die Zukunft des Bauens und die Rolle, die architektonische Räume im Schutz unseres Planeten spielen können. Ein Besuch in der Green Ark ist somit nicht nur eine Reise in die Welt der Pflanzen, sondern auch ein nachdenklicher Blick in die Zukunft unserer eigenen Lebensräume.