Die Bauindustrie ist einer der größten Energieverbraucher, benötigt viele Ressourcen und trägt signifikant zu Treibhausgasemissionen und dem menschengemachten Klimawandel bei. Gerade hier gibt es erhebliches Potenzial für nachhaltigere Bauweisen, und die Kreislaufwirtschaft gewinnt im Bausektor zunehmend an Bedeutung. Doch was genau versteht man unter Bauen mit der Kreislaufwirtschaft, welche Materialien sind kreislauffähig und wie können die Prinzipien der „Circular Economy“ im Bauwesen sinnvoll umgesetzt werden?
Was ist Kreislaufwirtschaft?
Die Kreislaufwirtschaft (Circular Economy) ist ein Wirtschaftsmodell, das auf dem Prinzip der Wiederverwendung und des Recyclings basiert. Im Gegensatz zur linearen Wirtschaft, die Rohstoffe verbraucht und Abfälle produziert, zielt die Kreislaufwirtschaft darauf ab, Materialien und Produkte so lange wie möglich im Umlauf zu halten. Dies minimiert den Ressourcenverbrauch und reduziert die Umweltbelastung.
Was bedeutet Kreislaufwirtschaft im Bauen?
Kreislaufwirtschaft im Bauen bedeutet, dass Gebäude so entworfen, gebaut, genutzt und rückgebaut werden, dass Materialien und Ressourcen effizient genutzt und nach Ende der Nutzungsphase wiederverwendet oder recycelt werden. Dies schließt die Verwendung von recycelten Materialien, die Wiederverwendung von Bauteilen und die Planung für eine einfache Demontage ein.
Bauen mit Holz
Welche Baumaterialien sind besonders kreislauffähig?
Besonders kreislauffähige Baumaterialien sind solche, die aus recycelten oder nachwachsenden Rohstoffen bestehen und am Ende ihrer Lebensdauer wiederverwendet oder recycelt werden können. Beispiele hierfür sind:
– Holz: Ein nachwachsender Rohstoff, der CO2 speichert und am Ende seiner Lebensdauer kompostiert oder recycelt werden kann. Im Moment wird beim kreislauffähigen Bauen viel auf Holz gesetzt, sogar auch für Hochhäuser, oft mit einem sogenannten Holz-Hybrid-Bau wie das Hochhaus HAUT in Amsterdam. Beim Holz-Hybrid wird Holz verwendet, wo es möglich ist, und Beton und Stahl, wo es notwendig ist.
– Metalle: Materialien wie Aluminium und Stahl, die unendlich oft recycelt werden können, ohne ihre Eigenschaften zu verlieren. Durch modulare Bauweise können IPE Träger flexibel in verschiedenen Gebäudestrukturen eingesetzt und später auch wieder demontiert und in den Materialkreislauf zurückgeführt werden.
– Biobasierte, innovative Materialien: Materialien wie biobasierte Kunststoffe, Hanfbeton oder Pilzmyzel-basierte Bauteile bieten nachhaltige Alternativen zu herkömmlichen Baustoffen. Sie sind oft leichter, weniger energieintensiv in der Produktion und vollständig biologisch abbaubar oder recycelbar.
– Ökologische Baumaterialien: Materialien aus nachwachsenden Rohstoffen wie Lehm, Stroh oder Hanf sind besonders umweltfreundlich. Sie haben nicht nur hervorragende Dämmeigenschaften, sondern können auch am Ende ihrer Lebensdauer problemlos recycelt oder kompostiert werden.
Modernes Lehmhaus
Was braucht es für traditionelle Baumaterialien wie Stahl und Beton, um kreislauffähig zu werden?
Traditionelle Baumethoden und Materialien führen zu erheblichen Umweltschäden, einschließlich hoher CO2-Emissionen durch die Herstellung von Beton und Stahl sowie enormen Mengen an Bauabfällen. Traditionelle Baumaterialien wie Stahl und Beton können durch verschiedene Maßnahmen kreislauffähiger gemacht werden:
– Optimierung des Materialeinsatzes: Reduzierung des Materialverbrauchs durch effizientes Design und Bauweisen.
– Recycling: Verwendung von recyceltem Beton und Stahl. Beton, der aus alten Bauabfällen hergestellt wird, reduziert den Bedarf an neuen Rohstoffen.
– Innovative Produktionsmethoden: Entwicklung neuer Herstellungsverfahren, die weniger Energie verbrauchen und weniger CO2-Emissionen verursachen.
– Design für Demontage: Gebäude so konzipieren, dass Materialien am Ende ihrer Lebensdauer leicht getrennt und recycelt werden können.
Welche Rolle kann modulares Bauen spielen?
Modulares Bauen, bei dem Gebäude aus vorgefertigten Modulen zusammengesetzt werden, kann die Kreislauffähigkeit erheblich verbessern. Diese Bauweise ermöglicht:
– Einfache Demontage und Wiederverwendung: Module können leicht demontiert und an anderer Stelle wiederverwendet werden.
– Reduzierter Materialverbrauch: Durch präzise Vorfertigung wird Abfall minimiert.
– Schnellere Bauzeiten: Verkürzung der Bauzeiten reduziert den Energieverbrauch und die Umweltbelastung.
Circular Building: konstruktive Veränderungen im Bau
Das Besondere an dem Thema Kreislaufwirtschaft im Bau ist, dass sie sowohl von Umweltorganisationen und Regierungsorganisationen als auch zunehmend von Materialproduzenten und Bauunternehmen unterstützt wird. Umweltorganisationen betonen die ökologischen Vorteile, während Bauunternehmen die ökonomischen Chancen und Innovationspotenziale erkennen. Regierungsorganisationen fördern die Kreislaufwirtschaft durch entsprechende Gesetze und Anreize. Die Deutsche Umwelthilfe hat einen 10-Punkteplan entwickelt, um die Kreislaufwirtschaft im Bauwesen voranzutreiben, und fordert darin die Förderung von Recycling-Baustoffen, der Verlängerung der Nutzungsdauer von Gebäuden und der Einführung einheitlicher Standards für kreislauffähiges Bauen.
Ganzheitliche Designstrategien statt nur Reduktion
Die auf Kreislaufwirtschaft spezialisierte Ellen MacArthur Foundation hebt hervor, dass die Kreislaufwirtschaft im Bauwesen durch Designstrategien erreicht werden kann, die die Wiederverwendbarkeit von Materialien maximieren und Abfall minimieren. Sie unterstützt die Entwicklung innovativer Materialien und Bauweisen, die sowohl ökologisch als auch ökonomisch nachhaltig sind. Kreislauffähige Architektur geht allerdings weiter als nur das Neudenken der Materialien und Reduzieren von negativem Impact. Idealiter wird ganzheitlich auf den Zyklus des Gebäudes geschaut und das Design für die Nutzungsphase nach ökologischen und sozialen Prinzipien entwickelt, um einen maximalen positiven Impact zu generieren.
Fassadenbegrünung und vertikale Wälder
Kreislaufwirtschaft gegen die Klimakrise
Die EU setzt im Rahmen des Green Deals und ihrer Klimaziele voll auf kreislauffähiges Bauen. Sie fördert die Umsetzung innovativer und nachhaltiger Prozesse, um den Übergang zur Kreislaufwirtschaft im Bausektor voranzutreiben. Die EU empfiehlt, den gesamten Lebenszyklus von Gebäuden neu zu bewerten, indem recycelte oder biobasierte Materialien verwendet und Gebäude für Langlebigkeit, Anpassungsfähigkeit und Wiederverwendbarkeit entworfen werden. Zudem plant sie mit dem Circular Economy Action Plan und anderen Richtlinien eine umfassende Strategie für eine nachhaltige gebaute Umwelt einzuführen, um Kohlenstoffemissionen zu reduzieren und Ressourcen effizient zu nutzen.
Bauen mit der Kreislaufwirtschaft ist die Zukunft
Die Kreislaufwirtschaft bietet eine vielversprechende Perspektive für die Zukunft des Bauens. Durch innovativen, nachhaltigen Materialien, neue Bauweisen und den Einsatz von Technologien können wir Gebäude schaffen, die nicht nur umweltfreundlicher, sondern auch wirtschaftlicher und langlebiger sind. Das Umdenken im Bauwesen hin zu einer kreislauffähigen Praxis ist ein wichtiger Schritt, um die ökologischen Herausforderungen unserer Zeit zu bewältigen und an eine nachhaltigere Zukunft zu bauen.
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