Wie würden wir mit unserer Kleidung umgehen, wenn sie lebendig wäre? Diese Frage stellt die Designerin Roya Aghighi, die grüne Mode aus Algen macht. Das Besondere daran ist, dass ihre Textilien aus lebenden, photosynthetischen Zellen bestehen. Die Kleidungsstücke atmen und wandeln dabei CO2 in Sauerstoff um.
Diese grüne Mode will unseren Blick auf Kleidung verändern
“Biogarmentry” nennt Roya Aghighi ihr Projekt, das das Konzept „Bekleidung“ komplett neu denkt. Für den Stoff werden einzellige grüne Algen mit Nanopolymeren verwebt. Das ergibt ein leichtes Material, das sich wie Leinen anfühlt. Nur dass dieser Stoff lebt, und wie jede Pflanze über Photosynthese Sauerstoff erzeugt. Deshalb benötigt die Kleidung besondere Pflege, damit sie am Leben bleibt. Sie wird nicht gewaschen und stattdessen einmal pro Woche mit Wasser besprüht. Am Ende seiner Lebensspanne – aktuell ein Monat, bei guter Pflege auch länger – ist das Kleidungsstück vollständig kompostierbar.
Die kanadisch-iranische Designerin versteht ihre grüne Mode als Alternative zur Fast Fashion, denn sie will eine emotionale Verbindung zwischen dem Kleidungsstück und dessen Träger oder Trägerin schaffen. Denn wie lange ein solches Textil hält, hängt davon ab, wieviel Aufmerksamkeit wir ihm schenken. Das wiederum würde unsere Wahrnehmung von Mode grundlegend verändern. Wertschätzung und eine engere Bindung an Kleidung wären die Folge – statt der heutigen weit verbreiteten Wegwerfmentalität.
Roya Aghighi hofft, mit ihrem Projekt diesen Wandel zu bewirken. Zwar zeigt „Biogarmentry“ erst einmal nur, dass die Idee von lebender Mode aus Algen grundsätzlich machbar ist. Doch es wirft die wichtige Frage auf, wie wir mit unserer Kleidung eigentlich umgehen. Das neue Material ist für den Dezeen Award 2019 in der Kategorie „Nachhaltiges Design“ nominiert.
Algen sind Alleskönner
Algen sind ein sehr spannendes Material für nachhaltige Kleidung. Modeschöpfer experimentieren zum Beispiel mit Textilfarbe aus verschiedenen Algenarten, sie stellen grüne Mode und sogar „Anti-Aging-Kleidung“ aus den grünen Multitalenten her. Algen eignen sich aber auch als Basis für viele andere Produkte, etwa für nachhaltige Verpackungen, grüne Designobjekte, zur Nahrungsergänzung und sogar zur Energieerzeugung.