Die Künstlerin Diana Scherer experimentiert schon seit Jahren mit Pflanzenwurzeln. Jetzt hat sie die Möglichkeiten der unterirdischen Pflanzenteile als angewandtes Material erforscht und arbeitet gerade mit verschiedenen Wissenschaftlern und Instituten zusammen, um aus Wurzeln auch nachhaltige Textilien zu entwickeln, die sowohl für die Mode als auch für die Architektur zum Einsatz kommen könnten. Liegt das Material der Zukunft unter unseren Füßen?
Textilien aus Pflanzenwurzeln weben
Die in Bayern geborene und in Amsterdam lebende Künstlerin Diana Scherer studierte Kunst an der Rietveld Academy in Amsterdam, danach war sie 10 Jahre als Fotografin tätig. Ihre Arbeit fokussierte sich im Jahr 2012 mit der Serie Nurture Studies auf Pflanzenwurzeln. Sie hatte zuvor bereits auch in der Modebranche und mit Textilien gearbeitet, und kam auf die Idee, dass Wurzeln und Garn interessante Ähnlichkeiten haben und fragte sich, ob Wurzeln sich auch zu Textilien weben lassen. Daraufhin kontaktierte sie einige Wissenschaftler, die sich auf Pflanzenwurzeln spezialisiert haben, und entwickelte ein System, um Wurzeln zu Textilien zu weben.
Wurzeln als nachhaltige Textilien?
Diana Scherers Experimente mit Textilien aus Pflanzenwurzeln nahmen immer mehr Form an. In Zusammenarbeit mit Pflanzenbiologen an der Radbout-Universität in Nimwegen hat sie die Wurzelsysteme und deren Anwendungsmöglichkeiten erforscht. Mit Rootbound #2 entwickelte sie ein Kleid aus Pflanzenwurzeln, das im Rahmen der Ausstellung Fashioned from Nature im Victoria & Albert Museum in London gezeigt wurde.
Ihr Projekt Interwoven, in dem sie ihre Recherchen zu den Wurzeln als Material weiter vertiefte, wurde mit dem New Material Award, einem Preis für nachhaltige und innovative Materialien, geehrt. Das Projekt zeigte Flechten, Spiralen und textilartige Gewebe aus Pflanzenwurzeln und weckte damit großes Interesse der Designwelt.
Kooperation zwischen Mensch und Natur
Scherer untersucht in ihrer Arbeit die Beziehung zwischen Menschen und ihrer natürlichen Umgebung und das menschliche Verlangen, die Natur kontrollieren zu wollen. Oft ist der Mensch dabei, die Natur so zu manipulieren, dass sie ihm von optimalem Nutzen ist. Der Ansatz der Arbeit von Diana Scherer ist es, mit der Natur zu kooperieren. Sie webt die Wurzeln nicht wie ein typisches Material, sondern die Wurzeln weben sich selbst, während sie innerhalb der von Menschen gemachten Vorlagen nach Wasser und Nährstoffen suchen. Dabei gehen die Wurzeln immer noch ihren eigenen Weg.
Pflanzenwurzeln: das perfekte nachhaltige Material?
Noch ist die Idee von Wurzeltextilien eine Utopie und die Arbeit ist experimentell. Die Künstlerin schätzt aktuell, dass es noch einige Jahre dauern kann, bis marktfähige Textilien daraus entwickelt werden können. Das Material ist noch längst nicht produktionsfähig: Die Pflanzentextilien müssen noch viel stärker werden und gleichzeitig ihre schöne und spitzenartige Qualität behalten. Die Anwendung könnte für Bekleidung, aber auch in der Architektur oder als Isolationsmaterial zum Einsatz kommen. Im Gespräch mit dem Magazine FRAME betonte die Künstlerin, warum aus Wurzeln ein perfektes nachhaltiges Material entstehen könnte: Pflanzenwurzeln binden CO2, außerdem entsteht das Material in Biofabrikation: Es sind Textilien, die ohne Energieaufwand unter der Oberfläche wachsen. Und kreislauffähig wäre das Material ebenfalls.