Der französische Straßenkünstler Ememem verschönert Straßenrisse und Bürgersteige in seiner Stadt, indem er die Löcher und Risse mit bunten Straßenmosaiken füllt. Der Straßenkünstler macht seine Mosaik-Werke während Kunstevents oder auch Undercover beim Licht von Straßenlaternen. Ist das noch unerlaubte Sachbeschädigung oder kann die Straßenkunst somit einen Beitrag zu einer nachhaltigen Stadtentwicklung liefern?
Schlaglöcher und Risse können manchmal jahrelang unberührt und ungepflegt bleiben. In seiner Heimatsstadt Lyon ist der Straßenkünstler Emenem als „Pflasterchirurg“ bekannt. Er hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Asphaltbrüche zu heilen und in bunte Mosaike zu verwandeln. Das Kreieren seiner Kunstwerke nennt er „Flacking“, abgeleitet vom französischen „flaque“, was „Pfütze“ bedeutet. Seine Werke sind also wie kleine anarchistische und farbenfrohe Mosaik-Pfützen inmitten der weithin homogenen, urbanen Straßenlandschaften.
Ememem: Straßenmosaike als Tür in Richtung Wunderland
Schon die legendären Situationisten verliehen 1968 mit dem berühmten Spruch „Sous les pavés, la plage!” (“Unter den Pflastersteinen liegt der Strand!“) eine fast metaphysische Bedeutung für das Ungeordnete (auch als Metapher für das Unterbewusste) zwischen und unter den Straßensteinen. Die Straßenmosaike von Ememem können zwar als Reparaturen gesehen werden, gleichzeitig öffnen sie aber vor allem die Tür in Richtung „Wunderland“.
Mittlerweile ist seine Arbeit ein charakteristisches Zeichen für die Bürgersteige und Straßen in Lyon, und die Mosaikkunst breitet sich allmählich in den Städten in Europa aus: auch in Paris, Madrid, Barcelona und Mailand wurden seine verspielten Mosaikwerke schon gesichtet.
Zurzeit arbeitet Ememem an einem von der Société du Grand Paris finanzierten Projekt, das die Baustelle der neuen U-Bahn Grand Paris Express verschönern soll. Auch wird er in lokalen Open-Air-Workshops zusammen mit Jugendlichen neue Mosaik-Straßenkunst entwickeln.
Street Art und Wildnis auf der Straße
Wir berichteten im Lilli Green Magazin bereits über einige Street-Art-Initiativen, die sich den Narben auf Straßen und Bürgersteigen widmeten. Auch andere Straßenkünstler arbeiten mit Mosaik: Eine Künstlerin in Brüssel inspirierte ihre Nachbarschaft mit Mosaikfliesen auf dem Bürgersteig. Und letztes Jahr wurde unter dem Hashtag „#Krautschau“ den Wildpflanzen in den Straßenlöchern Aufmerksamkeit verliehen. Die ursprünglich französische Kreidekampagne entstand unter dem Nahmen Sauvages de ma rue („Wildnis in meiner Straße“), bevor sie international bekannt wurde mit der Initiative “More than Weeds”. Was für manche nur als Unkraut und Unordnung aussieht, ist für Pflanzenliebhaber ein Traum. Oder in den Worten des Künstlers Ememem: eine Tür zum Wunderland.
Wie Straßenkunst zur nachhaltigen Stadtentwicklung beitragen kann
Der Ansatz, die Narben und Risse mit künstlerischen Mosaiken zu verschönern, könnte bestimmt noch weitere Nachfolger bekommen und auch von Städten, Bezirken und Nachbarschaften selbst aufgegriffen werden. Dies könnte einen bedeutsamen Beitrag für eine nachhaltige Stadtentwicklung liefern: Die Mosaike verschönern die Nachbarschaft und machen sie attraktiver und lebenswerter, gleichzeitig kann die Verschönerung eine günstigere und ökologischere Option sein, als die ganze Straße einheitlich zu glätten und erneuern. Wenn auch die Nachbarn oder ortsansässigen Jugendlichen noch mitinvolviert sind, können die Kunstaktionen zusätzlich zum nachbarschaftlichen Miteinander beitragen.
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