Die Modeindustrie zählt zu den umweltschädlichsten Sektoren weltweit. Sie ist verantwortlich für einen erheblichen Teil der globalen CO2-Emissionen, ist chemieintensiv, führt zu einer enormen Ressourcenverschwendung und trägt maßgeblich zum Abfallproblem bei. Inmitten dieser Herausforderungen entwickelt sich ein Konzept, das einen grundlegenden Wandel verspricht: Circular Fashion. Doch was genau verbirgt sich hinter diesem Ansatz und wie könnte er die Art und Weise verändern, wie Kleidung produziert, konsumiert und getragen wird?
Was ist Circular Fashion?
Circular Fashion – oder zirkuläre Mode – unterscheidet sich grundlegend von der traditionellen, linearen Produktionsweise. In einer linearen Wirtschaft folgt auf den Produktionsprozess die Nutzung und schließlich die Entsorgung des Produkts. Im Gegensatz dazu verfolgt Circular Fashion das Ziel, einen geschlossenen Kreislauf zu schaffen. Dabei wird Kleidung so designt, produziert und konsumiert, dass sie möglichst lange genutzt, repariert, recycelt oder wiederverwendet werden kann. Das Hauptziel ist es, den Abfall zu minimieren und die Ressourcen effizienter zu nutzen.
Im Wesentlichen geht es bei Circular Fashion darum, den Umgang mit Mode grundlegend zu überdenken und einen nachhaltigeren Lebenszyklus für Kleidungsstücke zu etablieren.
Wie viel Kleidung brauchen wir wirklich?
Welche Lösungen bietet Circular Fashion?
Reduzierung des Ressourcenverbrauchs
Die Modeindustrie verbraucht enorme Mengen an natürlichen Ressourcen wie Wasser, Energie und Rohstoffe. Circular Fashion setzt auf langlebige Materialien und nachhaltige Produktionsmethoden, die den Verbrauch von Ressourcen deutlich verringern und den Fokus auf die Wiederverwertung und das Recycling von Materialien legen.
Bekämpfung des Abfallproblems
Durch den Trend zu Fast Fashion gelangen jedes Jahr Millionen Tonnen Kleidung auf den Müll. Circular Fashion steht im Gegensatz dazu, indem sie Kleidungsstücke aufwertet und ihre Lebensdauer durch Reparaturen, Upcycling und Wiederverwertung verlängert. Auf diese Weise wird die Menge an Textilabfällen erheblich reduziert.
CO2-Reduktion
Die Modeindustrie ist für etwa 10 % der globalen CO₂-Emissionen verantwortlich, was mehr ist als die Emissionen aus internationalen Flügen und dem Schiffsverkehr zusammen (*1). Die Ansätze der Kreislaufwirtschaft sollen dabei helfen, diesen CO2-Fußabdruck zu verringern, indem sie auf lokale Produktion, den Einsatz von zirkulären Materialien und eine reduzierte Transportlogistik setzen. Einige Modeunternehmen planen bereits, mit eigenen Klimazielen ihre Emissionen zu senken.
Fußabdruck verringern: Schuhe reparieren statt wegwerfen.
Die Kreislaufrevolution im Kleiderschrank
Circular Fashion verändert den Kauf von nachhaltiger Mode und die gesamte Art und Weise, wie Kleidung konsumiert und getragen wird. Sie fördert eine neue Haltung zu Konsum und Besitz, bei der der Wert der bestehenden Garderobe im Vordergrund steht. Statt ständig neue Stücke zu erwerben, geht es darum, die Lebensdauer der bereits vorhandenen Kleidung zu maximieren und den eigenen Kleiderschrank nachhaltig zu nutzen. Dabei liegt der Fokus auf der Verlängerung des Lebenszyklus von Kleidungsstücken und der Vermeidung von unnötigem Konsum und Müll.
Das Thema ist längst keine Nische mehr: Die EU plant, bis 2050 eine Kreislaufwirtschaft zu etablieren und den Einfluss der Modeindustrie auf die Umwelt zu verringern. Um die Auswirkungen auf die Umwelt zu bekämpfen, möchte die EU Textilabfälle reduzieren und den Lebenszyklus sowie das Recycling von Textilien erhöhen (*2). Die Ellen MacArthur Foundation berichtet, dass die Modeindustrie durch die Einführung zirkulärer Geschäftsmodelle wie Wiederverkauf, Vermietung, Reparatur und Recycling bis 2030 weltweit etwa 143 Millionen Tonnen an Treibhausgasemissionen einsparen könnte (*3).
„‚Who made my clothes?‘ – Die Frage der Fashion Revolution schafft mehr Bewusstsein für den eigenen Kleidungskonsum.
Welche Ansätze und Möglichkeiten gibt es für Konsument*Innen?
Auch Konsument*Innen können ihren Teil zu einer nachhaltigeren Modeindustrie beitragen, indem sie ihr Kaufverhalten ändern. Einige Ansätze, die den Kreislauf unterstützen, umfassen:
- Weniger ist mehr: Statt regelmäßig neue Kleidung zu kaufen, sollte der Fokus auf langlebigen und qualitativ hochwertigen Kleidungsstücken liegen. Bewusster Konsum bedeutet, gezielt auszuwählen und Kleidungsstücke länger zu tragen.
- Reparieren statt wegwerfen: Kleine Reparaturen – sei es an einem Riss oder einem fehlenden Knopf – können verhindern, dass Kleidung frühzeitig aussortiert wird.
- Tauschen und Leihen: Kleidertauschbörsen und Online-Tauschplattformen ermöglichen es, mit anderen Personen Kleidung zu tauschen. Für besondere Anlässe kann Kleidung auch gemietet werden, anstatt sie zu kaufen.
- Upcycling und DIY-Projekte: Altem Kleidung neues Leben einzuhauchen, etwa durch Upcycling oder kreative DIY-Projekte, ist eine weitere Möglichkeit, den Lebenszyklus von Kleidung zu verlängern und gleichzeitig individuelle, einzigartige Stücke zu schaffen.
Was kann selbst getan werden, um kreislauffähiger zu konsumieren?
Es gibt zahlreiche Möglichkeiten, wie Einzelpersonen zu einem zirkulären Konsumverhalten beitragen können. Der erste Schritt könnte der Verzicht auf Fast Fashion sein. Dies bedeutet, weniger zu kaufen und stattdessen zu überlegen, wie bereits vorhandene Kleidung optimiert und repariert werden kann. Zudem sollten Kleidungsstücke nach ihrem Lebensende nicht einfach weggeworfen, sondern entweder gespendet, verkauft oder recycelt werden.
Die A-Gain Guide bietet unter anderem eine Karte mit Reparaturmöglichkeiten in Städten wie Berlin und Hamburg. Der Partner LoopLook ermöglicht es zudem, Kleidung online zur Reparatur oder Umgestaltung zu senden.
Weniger ist mehr: Ausgewählte, langlebige Kleidungsstücke schonen Ressourcen und machen glücklicher.
Was halten die Versprechen der Modeunternehmen?
Viele große Modeunternehmen setzen Circular Fashion als Teil ihrer Marketingstrategie ein. Sie bieten Reparaturservices an, verkaufen gebrauchte Kleidung oder stellen Artikel aus zirkulären Materialien her. Doch wie glaubwürdig sind diese Versprechungen? Es ist wichtig, kritisch zu hinterfragen, ob es sich dabei um nachhaltige Initiativen handelt oder ob lediglich Greenwashing betrieben wird.
Einige Marken haben tatsächlich zirkuläre Prozesse in ihre Produktion integriert, doch oft ist es schwer zu beurteilen, wie umfassend und nachhaltig diese Maßnahmen sind. Konsument*Innen sollten nicht nur auf die Werbeaussagen achten, sondern auch auf die Transparenz der Unternehmen und die tatsächliche Umsetzung ihrer Kreislaufstrategien.
Vorreiterunternehmen, die auf innovative Kreislaufansätze setzen
Es gibt bereits zahlreiche Modemarken, die innovative Ansätze für Circular Fashion verfolgen und damit die Modebranche nachhaltig verändern. Ein Beispiel für zirkuläre Ansätze ist die Verwendung von Upcycling-Materialien wie Airbags, die zu Taschen und Rucksäcken verarbeitet werden. Weitere Produkte, die den Kreislaufansatz fördern, sind Sneaker, die aus Reishülsen hergestellt werden, sowie Sneaker, die aus Algen und recycelten PET-Flaschen bestehen. Zudem kommen Materialien wie Bananatex, das aus Bananenfasern gewonnen wird, zum Einsatz, um langlebige Taschen zu produzieren. Auch vegane Luxusprodukte aus Olivenleder setzen auf innovative Materialwahl, die Ressourcen schont. Diese nachhaltigen Produkte kombinieren kreative Materialien und zirkuläre Herstellungsprozesse, um die Kreislaufwirtschaft in der Mode voranzutreiben.
Circular Fashion: Sneaker aus Reishüllen (Bild: Rice Society)
Umdenken, umlenken, Kreisläufe schließen
Circular Fashion hat das Potenzial, die Modeindustrie nachhaltig zu transformieren. Es erfordert jedoch sowohl von Unternehmen als auch von Konsument*Innen ein Umdenken. Durch bewussteren Konsum, Reparaturen und Upcycling kann jeder Einzelne dazu beitragen, die Modewelt weniger ressourcenintensiv und umweltbelastend zu gestalten. Der Weg zu einer zirkulären Modewirtschaft ist nicht nur eine Veränderung im Konsumverhalten, sondern auch eine langfristige Bewegung, die die Art und Weise, wie Mode produziert und getragen wird, revolutionieren könnte.
Quellen:
*1: Earth.org bezieht sich hierbei auf Daten des United Nations Environment Programme (UNEP). Andere Quellen schätzen den Anteil, je nach Rechenmodell, auf 2-10%.
*2: The impact of textile production and waste on the environment (Webseite des Europäischen Parlament).
*3: Ellen MacArthur Foundation: Fashion Business Modells.