Stellen Sie sich vor, Sie spazieren in der Dunkelheit durch einen Park, dessen Wege von sanften Lichtern erhellt werden – Licht, das von den Pflanzen um Sie herum erzeugt wird. Dieses Szenario von Beleuchtung aus Pflanzenenergie ist keine Science-Fiction mehr, sondern Realität im „Park van Morgen“ in der niederländischen Hafenstadt Rotterdam. Hier verschmelzen Hightech und Natur auf poetische Weise und eröffnen neue Perspektiven für nachhaltige Stadtentwicklung. Dieses innovative Projekt zeigt, wie ein leuchtend grüner Weg in die Zukunft der Energieerzeugung aussehen kann.
Die Magie hinter der Pflanzenenergie
Der „Park van Morgen“ im Rotterdamer Stadtteil Reyeroord ist weltweit das erste Parkprojekt, dessen Beleuchtung vollständig auf pflanzenbasierter Energie beruht. Aber wie funktioniert das? Die Schlüsseltechnologie beruht auf der natürlichen Photosynthese der Pflanzen:
– Photosynthese in Aktion: Pflanzen wandeln Sonnenlicht, Wasser und Kohlendioxid in Energie um und speichern diese als Nährstoffe.
– Bodenaktivität: Überschüssige Nährstoffe gelangen über die Wurzeln in den Boden, wo Mikroorganismen sie zersetzen.
– Elektrische Ladung: Beim Abbau entstehen elektrisch geladene Teilchen, die durch eine mikrobielle Brennstoffzelle aufgefangen werden.
– Lebendiges Licht: Die gewonnene Energie speist LED-Leuchten, die sich nur dann aktivieren, wenn Besucher den Weg betreten.
Das Ergebnis: Eine nachhaltige, umweltfreundliche Beleuchtung ohne Lichtverschmutzung.
Schritte in eine leuchtend grüne Zukunft
Das Projekt ist nicht nur eine technische Meisterleistung, sondern auch ein Plädoyer für eine neue, harmonische Beziehung zwischen Mensch und Natur. „Diese Technologie ist nicht nur hochmodern, sondern auch poetisch“, betont Ermi van Oers, Designerin und Gründerin des Bio-Tech-Designstudios Nova Innova. „Energie wird lebendig und bringt uns der Natur näher.“ Die Vorteile dieser Innovation sind vielfältig: Die Energieproduktion ist kohlenstoff-negativ, da CO₂ im Boden gebunden und nicht freigesetzt wird. Zudem wird die Biodiversität gefördert, da das natürliche Ökosystem im Gegensatz zu herkömmlicher Beleuchtung intakt bleibt. Gleichzeitig sorgt das gezielte Licht für ein Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit, ohne die natürliche Dunkelheit vollständig zu verdrängen.
Ein Park als Labor für die Zukunft
Der „Park van Morgen“ dient auch als Testlabor. Seit der Pilotphase 2019 wurden technische und organisatorische Herausforderungen analysiert. Die jetzt umgesetzte Version 2.0 spiegelt die gesammelten Erfahrungen wider und wurde in Zusammenarbeit mit der Gemeinde, Lichtplanern und Biotechnologen entwickelt. Finanziert durch die Citylab010-Initiative, setzt der Park neue Maßstäbe für grüne Energie und urbane Lebensqualität.
Wachsende Städte in Symbiose mit der Natur
Die Technologie des Parks kann überall dort eingesetzt werden, wo feuchte Böden vorhanden sind. „Mein Traum ist, dass es eines Tages selbstverständliclicht ist, Strom aus Pflanzen zu gewinnen“, sagt Ermi van Oers. Dieses Projekt zeigt eine Zukunft auf, in der Städte nicht länger auf Kosten der Natur wachsen, sondern durch eine symbiotische Beziehung mit ihr gedeihen.
Besucher*Innen des Parks beschreiben das Erlebnis als nahezu magisch. „Es fühlt sich an wie in einem Märchen“, erzählt eine Anwohnerin, die den Park während der Eröffnungsnacht besucht hat. Das Licht, das sanft auf Bewegungen reagiert, schafft eine Atmosphäre, die beruhigend und inspirierend zugleich ist.
Der Anfang einer Revolution
Der „Park von Morgen“ ist mehr als nur ein Ort – er ist ein Symbol für eine nachhaltige Zukunft. Er zeigt, dass Technologie und Natur keine Gegensätze sein müssen, sondern sich gegenseitig bereichern können. Vielleicht leben wir in naher Zukunft tatsächlich in einer Welt, in der Energie und Natur eins werden und Parks wie dieser das Rückgrat moderner Städte bilden.
Besuchen: Park van Morgen in Rotterdam, Niederlande
Mehr Infos: Nova Innova – Living Light – Plant E
Pflanzenbasierte Energiegewinnung
Die Nutzung von Pflanzen zur Energieerzeugung bietet faszinierende Möglichkeiten. Während der „Park von Morgen“ bereits demonstriert, wie mikrobielle Brennstoffzellen eingesetzt werden können, gibt es zahlreiche weitere Ansätze, die das Potenzial von Pflanzen und Mikroorganismen nutzen. Wir berichteten hier im Lilli Green Magazin zum Beispiel bereits über:
Mikrobielle Brennstoffzellen für Energie und Signale
Das niederländische Unternehmen Plant-E zeigt, wie Strom aus lebenden Pflanzen gewonnen werden kann. Mikroorganismen im Boden zersetzen Nährstoffe und erzeugen dabei Elektronen, die in Batterien gespeichert werden. Diese Technologie kann für die Beleuchtung kleiner Geräte oder für Sensoren in abgelegenen Regionen eingesetzt werden. So gelang es einem von Plant-E entwickelten Sensor, mithilfe pflanzlicher Energie Signale an Satelliten zu senden – ein vielversprechender Schritt für das Internet der Dinge (IoT).
Leuchtende Pflanzen als Lichtquelle
Das Startup Light Bio arbeitet an Pflanzen, die durch Biolumineszenz leuchten. Diese Technologie könnte zukünftig Straßen- oder Gebäudeleuchten ersetzen und gleichzeitig CO₂ binden. Die Vision: Straßen, die von leuchtenden Bäumen gesäumt sind.
Bild: Light Bio
Biologische Lampen aus Mikroalgen
Der Designer Julian Melchiorri entwickelte mit Exhale einen Kronleuchter, der Mikroalgen nutzt, um Kohlendioxid zu absorbieren und Sauerstoff zu produzieren. Dieses lebendige Kunstwerk kombiniert Ästhetik mit Nachhaltigkeit und die Technologie hat das Potenzial, ganze Gebäudefassaden in urbane Luftreiniger zu verwandeln. Dabei wird zwar keine elektrische Energie erzeugt, jedoch zeigen die Mikroalgen eine innovative Nutzung biologischer Prozesse zur Verbesserung der Umwelt.
Technologische Chancen und ethische Herausforderungen
Während die pflanzenbasierte Energiegewinnung faszinierende Möglichkeiten bietet, erfordert sie auch eine kritische Auseinandersetzung: Wie weit dürfen wir gehen, die Natur zu unseren Zwecken zu verändern? Können biotechnologische Innovationen unsere Beziehung zur Natur nachhaltig verbessern, oder laufen wir Gefahr, natürliche Gleichgewichte zu stören?
Projekte wie der „Park von Morgen“ zeigen, dass Technologie und Natur keine Gegensätze sein müssen. Sie können sich gegenseitig ergänzen und neue Perspektiven für nachhaltige Lebensräume schaffen. Der Park in Rotterdam ist nicht nur ein Vorreiter, sondern ein Leuchtturmprojekt – buchstäblich. Vielleicht ist dies der Anfang einer Revolution, bei der Energie nicht mehr von Maschinen, sondern von lebenden Organismen kommt.