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Anzüge fürs Rad – soulbottles-Gründer startet die Anzugsmarke Suits for Good

Die Entstehungsgeschichte von soulbottles ist eine Erfolgsgeschichte für nachhaltiges Unternehmertum: Zwei Studenten wollten eine plastikfreie, wiederverwendbare Flasche haben und aus dieser Idee entstanden die soulbottles. Mittlerweile gibt es die Trinkflaschen aus Glas in aller Welt. Jetzt hat der soulbottles-Gründer Paul Kupfer ein neues Projekt: Er produziert maßgeschneiderte Anzüge in Berlin. Wir trafen ihn, um über die Unternehmensentwicklung bei soulbottles sowie die neue Modefirma Suits For Good  zu sprechen.

Nachhaltige Trinkflaschen und Anzüge aus dem Herzen Berlins

Von außen wirkt die große Lagerhalle in Tempelhof, wo das soulbottles-Büro seinen Sitz hat, wie ein ganz normales Gewerbehaus. Auffällig sind allerdings die vielen Fahrräder im Eingangsbereich. Ganz oben im Gebäude geht es in die Welt der soulbottles hinein. Gerade sind viele Teammitglieder in der Küche: Es gibt Mittagessen. Auch der Paul sitzt am Tisch und erklärt uns: „Alles ist hier vegan, außer die Sachen vom Foodsharing.“ Da wird schon klar: Bei soulbottles ist Nachhaltigkeit mehr als nur ein Spruch.

Das Team scheint typisch für Berlin: bunt, jung, international, ein Mix aus Modisch und Alternativ, Hippies und Hipsters. Die unkonventionelle und lässige Atmosphäre kann aber leicht täuschen, Paul hüpft hocheffizient von Meeting zu Meeting und als Organisationsmodell funktioniert Holokratie.

Paul führt uns durch die Räumlichkeiten: Zwei große Stockwerke werden von soulbottles genutzt. Versteckt zwischen Lagerflächen ist das winzige Hauptquartier des neuen Modelabels Suits For Good – auf kleinstem Raum werden hier die Anzüge per Hand maßgeschneidert angefertigt. Die Mitgründerin Mareike sitzt an der Nähmaschine. Gerade ist noch Prototyping und Maßanfertigung angesagt, die Vision ist aber, auch schon bald mit der ersten Anzugs-Kollektion auf den Markt zu gehen.

Produzieren will das nachhaltige Unternehmen soulbottles auch zukünftig in Europa, um möglichst kurze Wege zu garantieren. Das soulbottles-Modell ist da ein gutes Beispiel: Ein Teil der Produktion findet sogar im selben Gebäude statt. Auch das Bewusstsein für hochwertige, nachhaltige Materialien und kreislauffähiges Design sind für beide Unternehmen ein wichtiges Anliegen.

Das Glas der Soulbottles besteht zu 60 % aus Recyclingglas. Die Flaschenbügel der soulbottles werden aus deutschem Porzellan hergestellt – plastikfrei eben und damit der teuerste Teil der Flaschen überhaupt.

Bei Soulbottles setzt ihr sehr stark auf die plastikfreie Produktion. Wie ist es bei den Anzügen?

„Konventionelle Anzüge sind oft aus Schurwolle, die sind dann damit plastikfrei. Aber da gibt es wieder ganz andere Problematiken. Wolle ist nicht vegan und viele Schafe werden nicht gut behandelt. Und bei Baumwolle hat man einen starken Wasserverbrauch. Ich finde, es braucht da andere Möglichkeiten. Wir arbeiten viel mit Lyocell, einem Stoff, der auf Basis von Eukalyptusholz hergestellt wird und im Kreislaufsystem viel weniger Wasser braucht, gut atmungsaktiv ist und sich auch gut selber waschen lässt. Auch Recyclingfasern aus alten PET-Flaschen können eine gute, nachhaltige Alternative sein. Der Anzug muss ja auch funktionell sein, die Leute müssen es ja auch tragen wollen.“

Anzuege fuers Rad – soulbottles-Gruender startet die Anzugsmarke Babakoto

„Du darfst dabei Plastikfrei nicht als Gottesgesetz behandeln. An manchen Stellen macht Plastik auch Sinn, es gibt zum Beispiel medizinische Anwendungen. Wir arbeiten zum Beispiel an einem Filter damit Menschen auch Leitungswasser trinken wenn sie in Gegenden unterwegs sind wo das nicht so lecker oder gesund ist wie in Deutchland. Wenn du einen Filter baust, der so viel Plastik enthält wie eine Flasche, du damit aber 1000 Flaschen ersetzen kannst weil der Filter 1000l Wasser filtern kann, dann ist das natürlich ein sinnvoller Ersatz. Man muss bei Plastik vor allem wegkommen von Wegwerfprodukten: Tüten, Einwegflaschen, Verpackungen. Da ist es ein riesengroßes Problem.“

Wie bist du darauf gekommen, nachhaltige Anzüge herstellen zu wollen?

„Ich habe selber einen Anzug gebraucht. Da habe ich mich gefragt: Wäre es nicht viel besser, Anzüge zu haben, die bequem sind, die man selber waschen kann, die man auch gerne trägt, und wo man nicht ständig Angst hat, dass man sie kaputt oder dreckig macht? Es wäre doch super, einen Anzug wie eine Jogginghose zu machen: So, dass er bequem ist, atmungsaktiv – ein Anzug, der auch zum Fahrradfahren geeignet ist.“

„Mareike, eine Freundin von mir, ist Modedesignerin. Wir haben gemeinsam angefangen, einen Anzug zu entwickeln. Wir haben alte second-hand Trainingsanzüge gekauft, zerschnitten und daraus einen Anzug geschneidert. Der hat sich so gut angefühlt, und er sah so gut aus, dass wir gedacht haben: Ja, gute Idee, wir schauen mal, welche Leute so darauf anspringen. Das Feedback war dann so krass, viele Leute haben gleich etwas gekauft, ohne dass wir Werbung gemacht haben, und alle haben sich gefreut. Da haben wir gesagt: Wir können auch ein Business daraus machen.“

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Gibt es bei Suits For Good Vorbilder, an denen ihr euch orientiert?

„Ich muss gestehen, ich bin überhaupt kein Modemensch. Mein soulbottles-Mitgründer Georg hat am Anfang mal gesagt: Man kann einfach ein normales Produkt nehmen und das dann nachhaltiger entwickeln, das ist schon ein guter Beitrag zur Welt. Wer macht die besten Anzüge, die jeder kennt? Hugo Boss. Wenn wir das „grüne Hugo Boss“ sind, dann ist das Motto: Kaufst du einen Anzug, kaufst du einen von Hugo Boss – kaufst du einen nachhaltigen Anzug, dann kaufst du einen Babakoto. Ziel erreicht. Das würde schon sehr viel helfen. Im Prinzip wollen wir einen Konfektionsanzug entwickeln, den es in verschiedenen Größen und für Männer und Frauen gibt.“

Welche Learnings hast du aus der soulbottles-Gründung mitgenommen für zukünftige Unternehmen wie jetzt Babakoto?

„Ich werde oft an die Anfangszeit bei soulbottles erinnert und ich merke einfach: Es ist wichtig, dass es dir Spaß macht. Mir macht es gerade Spaß, an Anzügen zu arbeiten, wieder ganz viel Neues zu lernen, und Neues zu entwickeln. Das macht so viel Freude.“

„Bestimmte Dinge sind natürlich jetzt anders, da gehe ich mit anderem Wissen und Standing heran und bin auch selbstbewusster und innerlich entspannter. Bei soulbottles habe ich noch ganz viel selber gemacht, ich möchte jetzt die Sachen so organisieren, dass es auch ohne mich läuft. Darin bin ich besser geworden: Sachen abzugeben und so zu konzipieren, dass auch andere sie machen können.“

Die Kombination aus Idealismus und Unternehmergeist hat soulbottles groß gemacht, das Ziel ist, auf den restlichen Flächen des Gebäudes weitere Unternehmen wie Suits For Good wachsen zu lassen. Über ein Incubator-Programm sollen die Unternehmen von der soulbottles-Infrastruktur profitieren. Natürlich wird es weiterhin die kultigen Glasflaschen geben, wie sie eben auch im Lilli Green Shop jetzt wieder mit neuen Motiven erhältlich sind.

soulbottles - Glastrinkflaschen aus Berlin

Edit Mai 2021: Am Anfang war die Marke „Suits For Good“ bekannt als „Babakoto“. Der Name wurde nachträglich geändert.

1 Kommentar

  1. Sehr cooles Interview mit vielen frischen und neuen Ansätzen.
    Ich bin gespannt welche Entwicklung die Marke nimmt.

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