Weltweit schrumpfen die Grünflächen, doch gerade die brauchen wir eigentlich dringend, um den Klimawandel zu bekämpfen. Vertikale Gärten in Form von begrünten Fassaden können unsere Städte schöner machen und die Folgen der wachsenden Bebauung abfedern. Ein ganz neues System gibt Hoffnung, denn es löst viele Probleme, die grüne Fassaden bisher hatten.
Vertikale Gärten – eine gute Idee, die ihre Tücken hat
Wo Städte wachsen, wird gebaut. Das führt zu einer immer stärkeren Versiegelung der Böden, mit allen bekannten Folgen. Wasser kann nicht mehr versickern und Bäume und Pflanzen verschwinden. Als Folge werden Schadstoffe nicht mehr aus der Luft gefiltert, und der Lebensraum für Vögel und Insekten schrumpft. In dicht bebauten Gebieten wird es im Sommer immer heißer, weil die natürliche Kühlung durch Pflanzen und Bäume fehlt.
Was liegt da näher, als vertikale Gärten anzulegen und Häuserwände zu begrünen? Leider ist die Umsetzung dieser Idee nicht ganz einfach. Die Module, die an Häuserwänden angebracht werden, sind oft zu schwer und teuer, ihre Bewässerung und Wartung ist aufwendig und kompliziert. Projekte zur Fassadenbegrünung sind an diesen Problemen teilweise schon gescheitert.
Wiener Start-up entwickelt neues System
Das Wiener Start-up NatureBASE hat für all das eine Lösung gefunden: Die LivingPanels, neuartige Module zur Fassadenbegrünung. Das grüne Kompetenzzentrum Green4Cities begleitete die Entwicklung der LivingPanels, ist ein Spin-off der Universität für Bodenkultur in Wien und hat die LivingPanels in einem dreijährigen Forschungsprojekt gemeinsam mit internationalen Forschern entwickelt und getestet. Die LivingPanels sind leicht, einfach zu montieren und kommen ohne die üblichen Bewässerungsschläuche aus.
Bilder: (c) Johannes Anschober, Günther Frühwirt und Bernhard Scharf, demnächst NatureBASE
„Wir haben von der Befestigung an der Außenwand über das Substrat bis zur Pflanzenauswahl die perfekte Lösung entwickelt“, sagt Green4Cities-Chefin Doris Schnepf. Ein ausgeklügeltes Substrat versorgt die Pflanzen sensorgesteuert mit Wasser und Nährstoffen, damit der Wasserverbrauch so gering wie möglich ist. Deshalb benötigt das System keine Schläuche.
Die einzelnen Module sind bei Anbringung bereits begrünt und lassen sich unkompliziert an den Hauswänden montieren. Diese verwandeln sich so im Handumdrehen in vertikale Gärten. Ein großer Pluspunkt gegenüber Kletterpflanzen, die erst jahrelang nach oben wachsen müssen. Wenn solche Pflanzen eingehen, sind sie außerdem nicht schnell ersetzbar. Die einzelnen Module der LivingPanels sind dagegen leicht austauschbar und bieten zudem eine größere biologische Vielfalt. Pflanzen und Substrat der Module sind so aufeinander abgestimmt, dass die grünen Fassaden auch gut über den Winter kommen.
Schutz gegen Hitze, Kälte und Lärm
Das System wurde an drei Standorten in Österreich, Deutschland und Bulgarien getestet. Dass es in Städten gegen Überhitzung wirkt, zeigen die Ergebnisse. Im Schnitt sinkt an heißen Tagen die gefühlte Temperatur in unmittelbarer Nähe der grünen Fassaden um drei Grad. Im Inneren des Gebäudes wird es sogar bis zu 8 Grad kühler, so dass die LivingPanels eine vielversprechende Ergänzung zu nachhaltiger Architektur sein können. Ein weiterer Effekt ist eine bessere Dämmung und Lärmschutz für die Gebäude.
NatureBASE will im Frühjahr 2021 seine ersten vertikalen Gärten in Österreich errichten. Auch in anderen Teilen der Welt gibt es interessante Projekte und Ideen für grüne Architektur: Zum Beispiel die vertikalen Wälder von Stefano Boeri in Mailand oder die Bioblinds, ein DIY-Toolkit für lebende Pflanzengardinen für die eigenen Fenster.